Pricing

Um 10 Prozentpunkte genauer: Direkte Pricing-Methoden schlagen Conjoint-Analyse

Um in unseren Pricing- und Vertriebsprojekten die neuesten Erkenntnisse und innovativsten Verfahren nutzen zu können, behalten wir stets die aktuelle Forschungslandschaft im Blick. Die Ergebnisse einer kürzlich veröffentlichten Studie aus Münster haben unser Interesse besonders geweckt: Laut dieser setzen sich direkte Pricing-Methoden zur Ermittlung der Zahlungsbereitschaft gegen die standardmäßig verwendete Conjoint-Analyse durch.

Die wert- und kundenorientierte Preissetzung ist das Herzstück des Produkt- und somit auch des Unternehmenserfolgs. Um eine optimale Preissetzung zu erreichen, ist es entscheidend, die Zahlungsbereitschaft der Kunden möglichst genau zu ermitteln. Die Wahl der richtigen Messmethode ist hierfür essenziell. Bisher wurden für diesen Zweck indirekte Methoden, allen voran die Conjoint-Analyse, als Methode der Wahl angesehen. Jedoch zeigt sich, dass direkte Methoden bei der Ermittlung der tatsächlichen Zahlungsbereitschaft um etwa zehn Prozentpunkte genauer sind als indirekte Methoden (Schmidt & Bijmolt 2020).

Direkte und indirekte Methoden zur Ermittlung der Zahlungsbereitschaft
Abbildung 1: Direkte und indirekte Pricing-Methoden zur Ermittlung der Zahlungsbereitschaft

Conjoint-Analyse als bisheriger akademischer Standard

Als optimale Methoden zur Ermittlung der Zahlungsbereitschaft galten in akademische Literatur und in der Praxis indirekte Methoden, wie beispielsweise die Conjoint-Analyse. Diese seien im Vergleich zu direkten Methoden valider, da durch die indirekte Herangehensweise der Preis in den Hintergrund gerät. Dadurch wird ein „reales“ Kaufszenario nachgestellt und der Konsument macht „realistischere“ Angaben. Durch diese Einschätzung hat sich die Conjoint-Analyse als vermeintlicher Goldstandard etabliert. Nicht alles, was glänzt, ist jedoch Gold. Conjoint-Analysen erfordern methodische Vorkenntnisse, eine aufwendige Vorbereitung und Durchführung und sind damit vor allem zeit- und kostenintensiv. Sie haben ihre Stärken insbesondere in Szenarien mit komplexen Produkten oder bei Bundling-Entscheidungen. Bei der reinen Ermittlung der Zahlungsbereitschaft hat sich jetzt aber gezeigt, dass es schneller, einfacher und präziser geht.

Direkte Pricing-Methoden

Direkte Methoden zur Messung der Zahlungsbereitschaft, wie die Gabor-Granger-Methode, stellen einen einfachen, kostengünstigen und wenig zeitaufwendigen Weg zur Ermittlung der Zahlungsbereitschaft dar. Dabei ist das Ziel der Abfrage für die Teilnehmenden offensichtlich.

Indirekte Pricing-Methoden

Indirekte Methoden zur Messung der Zahlungsbereitschaft lenken den Fokus vom Preis weg, indem zum Beispiel mehrere verschiedene Angebotsdimensionen bewertet werden (Conjoint-Analyse). Dabei bemerken die Teilnehmenden meist nicht, dass eigentlich ihre Zahlungsbereitschaft gemessen wird.

Die präzise Ermittlung der Zahlungsbereitschaft – direkte Pricing-Methoden als neue Best Practices

Die Studie von Schmidt und Bijmolt (2020) zeigt mithilfe einer Meta-Analyse, dass direkte Pricing-Methoden bei der präzisen Vorhersage der tatsächlichen Zahlungsbereitschaft um etwa zehn Prozentpunkte genauer sind als indirekte Methoden wie die Conjoint-Analyse. Direkte Methoden sind also nicht nur kostengünstiger und zeiteffizienter, sondern punkten auch hinsichtlich ihrer Validität. Zu bevorzugen sind dabei Forschungsdesigns, die nur eine einzige Aufgabe stellen – eben die Angabe der maximalen Zahlungsbereitschaft für ein bestimmtes Produkt. Besonders valide ist diese Messung bei klassischen Alltagsprodukten. Je höherwertiger oder spezialisierter das Produkt, desto stärker wird die tatsächliche Zahlungsbereitschaft überschätzt.

Direkte Pricing-Methoden in der Praxis

Mögliche Methoden zur Ermittlung der Zahlungsbereitschaft
Abbildung 2: Mögliche Methoden zur Ermittlung der Zahlungsbereitschaft

Direkte Methoden zur Ermittlung der Zahlungsbereitschaft sind also nicht nur häufiger effizienter durchzuführen, sondern können auch vor dem Hintergrund der Präzision guten Gewissens eingesetzt werden. Roll & Pastuch hat hierzu beispielsweise die Advanced van-Westendorp-Methode entwickelt. Auch Verfahren wir die Gabor-Granger Methode oder das Open-Line-Verfahren eignen sich für die Bestimmung der Zahlungsbereitschaften in der Praxis. Diese und weitere direkte Methoden führen wir über breit angelegte Marktforschung, direkte Kundengespräche oder auch interne Workshops mit Vertriebsexperten durch. So erhalten wir in unseren Pricing- und Vertriebsprojekten schnell und pragmatisch valide Ergebnisse, um Preise für Produkte zu bestimmen.

Quelle

Schmidt, J., & Bijmolt, T. H. A. (2020). Accurately measuring willingness to pay for consumer goods: a meta-analysis of the hypothetical bias. Journal of the Academy of Marketing Science, 48(3), 499-518.

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Oliver Roll von Roll & Pastuch
Autor

Prof. Dr. Oliver Roll

Managing Partner
Tim Güth
Autor

Tim Güth

Senior Consultant

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