Preisanpassung: Preiserhöhung systematisch planen, differenziert kalkulieren und erfolgreich durchsetzen

Gelungene Preisanpassungen stellten die vergangenen Jahre ein wichtiges Element zur Optimierung der eigenen Profitabilität dar. In den letzten Monaten ist die erfolgreiche Preiserhöhung jedoch für viele Hersteller ein essenzieller Hebel zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit geworden.

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Die drastischen Preisanpassungen in beispiellosem Ausmaß – unter anderem im Bereich Commodities / Rohstoffe, Energie aber zum Beispiel auch bei Elektronikkomponenten – haben Hersteller unter einen bisher ungekannten Kostendruck gesetzt. Dieser musste (schnell) in höhere Preise umgesetzt werden.

Während bislang diskutiert wurde,…

…ob (!) eine jährliche Preiserhöhung durchgeführt werden soll, so war in den letzten Monaten die Fragestellung wie oft (!) sie durchgeführt werden kann.

…wie viel Margenverlust kompensiert werden kann (!), so war nun die kritische Fragestellung, wie schnell (!) die Kostenerhöhungen weitergegeben werden können, um die eigene Überlebensfähigkeit zu sichern.

…dass es starke Abweichungen zwischen geplanter und realisierter Preiserhöhung gibt, so ist gegenwärtig das Überleben des Unternehmens allein von der erfolgreichen Durchsetzung abhängig.

…wie stark die Kosten insgesamt gestiegen sind, sind Unternehmen nun mit drastischen Kostenabweichungen in einer Vielzahl unterschiedlicher Bereiche konfrontiert.

Herausforderungen einer erfolgreichen Preiserhöhung

Vielen Unternehmenslenkern ist nun bewusst, dass ihr Unternehmen nicht optimal vorbereitet ist, um in der gegenwärtigen Situation Preiserhöhungen bestmöglich zu planen, differenziert zu kalkulieren und erfolgreich im Markt umzusetzen. Diese Kompetenzlücke stellt viele Unternehmen vor existenzielle Herausforderungen.

So existiert in Unternehmen oftmals kein solider Preisanpassungsprozess mit klaren Verantwortlichkeiten. Im Ernstfall führt dies zu einem überhasteten Vorgehen, welches die eigene Organisation überrascht und überfordert. Es fehlen Informationen und wichtige Grundlagen wie Markt- und Kostenanalysen, um den Erfolg der Preiserhöhung sicherzustellen.

Die Kalkulation von Preisanpassungen wurde die letzten Jahre meist sehr vereinfacht durchgeführt, beispielsweise anhand einer einheitlichen Anpassung des gesamten Portfolios. Dieses Vorgehen gerät im Zuge der drastischen Kostenschwankungen an seine Grenzen. Darüber hinaus wurde häufig nicht beachtet, dass Kunden historisch sehr unterschiedliche Preise und Verhandlungspositionen haben.

Zuletzt mangelt es oft an einer systematischen Vorbereitung des Vertriebes auf die eigentlichen Verhandlungen. Die Mannschaft erhält nur selten zentrale Argumentationsketten oder aufbereitete Daten, um Ihre Verhandlungsgespräche kundenspezifisch vorzubereiten.

Ausgewählte Hindernisse

  • Überhastetes Vorgehen aufgrund eines fehlenden systematischen Preisanpassungsprozesses
  • Zielvorgaben nur auf Brutto(listenpreis)ebene – keine Definition von Nettozielen (auf Detailebene)
  • Keine systematische Differenzierung der Preisanpassung nach Produktsegmenten
  • Suboptimale Vorbereitung des Vertriebes: fehlende Wertargumentation, keine detaillierte Verhandlungsplanung, keine kundenspezifischen Ziele
  • Unzureichende Rückendeckung durch das Management
  • Umsatzbasierte Incentive-Systeme
  • Mangelnde Transparenz / Nachverfolgung auf Nettoebene

Fallbeispiel: Preisanpassung

Wie wichtig es ist, regelmäßig die Preise anzupassen, zeigt ein vereinfachtes Beispiel: Gelingt es einem Unternehmen mit einer Umsatzrendite von zehn Prozent, eine zweiprozentige Preissteigerung ohne Mengenverluste im Markt durchzusetzen, erhöht sich dadurch das EBIT um 20 Prozent. Wie grafisch dargestellt, schlägt sich eine Preiserhöhung direkt im Ertrag nieder. Dieser Hebel ist umso größer, je geringer die Umsatzrendite eines Unternehmens ist. In der gegenwärtigen Lage geht es jedoch nur teilweise darum, die Profitabilität zu erhöhen, sondern hauptsächlich um die Weitergabe massiver Kostensteigerungen.

Erfolgereiche Preisdurchsetzung anhand des Beispiels einer 2 %igen Preiserhöhung. R&P berät Sie gerne.

Wenn Unternehmen Investitionen in Höhe von zwei Prozent des Umsatzes initiieren, so werden mit viel (formellem) Aufwand Großprojekte mit mehreren Quality-Gates gestartet und detaillierte Analysen durchgeführt. Leider wird die Preiserhöhung selten so dezidiert angegangen.

Die erfolgreiche Preisdurchsetzung in kompetitiven Branchen ist nicht trivial. Preise sind ein hochsensibles Thema und die Kunden suchen stets nach Schlupflöchern, um den Preisanpassungen zu entgehen. Ein grundsätzliches Schema für die nächste Preisanpassung existiert nicht. Die nachfolgenden Tipps werden Ihnen aber dabei helfen, sicherer und erfolgreicher zu agieren.


1. Preisanpassungen planen

Keine Hast – In der Ruhe liegt die Kraft!

Preiserhöhungen werden leider zu oft auf Grund von akutem Kostendruck sehr überhastet eingeleitet. Das führt meist zu Entscheidungen auf suboptimaler Informationsbasis und gibt der Vertriebsorganisation keine Chance zur Vorbereitung. In der Regel endet das übereilte Vorgehen letztlich in einer Durchsetzung weit unter dem vom Management erwarteten Niveau.

Vordefinierte Auslöser von Preisanpassungen – beispielsweise Wettbewerbsreaktionen oder Kostensteigerungen – sollten im Vorfeld fix definiert werden, um Stakeholder wie den Einkauf systematisch in den Prozess einzubinden. Vermeiden Sie repetitive Anpassungen, weil unterschiedliche Stellen Kostensteigerungen nachmelden und dann wiederholt Preisanpassungen fordern.

Legen Sie schon im Vorfeld einen systematischen Prozess mit klaren Verantwortlichkeiten bezüglich der Definition von Zielen, Wettbewerbs- und Marktanalysen fest. Die Vorbereitung des Vertriebes und die Methode zur Abstimmung von kundenindividuellen Zielen müssen vorab geplant und organisiert sein.

Das Ziel gekonnt setzen – Implikationen am Markt verstehen

Die Fixierung des Preisanpassungsziels ist eine große Herausforderung – über die Höhe der Preisanpassung herrscht in der Regel Unsicherheit. Das enorme Ertragspotenzial steht der Sorge des Umsatzverlustes gegenüber. Das gilt insbesondere bei umsatzbasierten Incentive-Systemen.

Genährt wird diese Angst nicht zuletzt durch ein Phänomen namens „Availability Bias“. So schätzen Menschen Risiken deutlich wahrscheinlicher ein, wenn sie oft von diesen hören, lesen oder sprechen. Kommt es zu Preisanpassungen, so ist der eigene Kundenstamm und deren Feedback der stärkste Ankerpunkt für den Vertrieb. Einsicht in die Angebote der Kollegen oder sogar von Wettbewerbern haben Vertriebler selten. Aufgrund dieses Informationsdefizits werden die Risiken einer Preiserhöhung häufig überschätzt. Die Folge sind ein zu moderater Einstieg in die Preisanpassung und schlussendlich verfehlte Ertragsziele.

Führen Sie im Vorlauf der Preisanpassung alle relevanten Informationen zusammen. Involvieren Sie alle relevanten Marktexperten des Unternehmens und nutzen Sie Analysen des Markt- und Wettbewerbsumfelds, um die Unsicherheit zu überwinden.

Besonders in den letzten Monaten hat sich gezeigt, wie wichtig es ist den Einkauf vollständig einzubinden, um einen möglichst soliden Forecast für die Kosten zu bekommen. Dies bedeutet auch Preissenkungen im Markt zu antizipieren und darauf reagieren zu können.

Vergleichen Sie die Entwicklung Ihrer Nettopreise mit relevanten Preis- und Kostenindizes. Wichtig ist an dieser Stelle, dass Sie insbesondere die Nettodurchsetzung betrachten und nicht nur die reine Listenpreisanpassung der letzten Jahre. Viele Unternehmen haben zwar ihre Bruttolistenpreise erhöht, aber kaum das Nettoniveau anpassen können.

Planen Sie eine Preisanpassung über den Marktstandard hinaus oder eine Repositionierung von wichtigen Produktsegmenten, empfiehlt sich eine Schätzung der Absatzeffekte durch Vertriebsexperten. So haben Sie eine deutlich höhere Transparenz bezüglich möglicher Umsatz- und Profiteffekte und damit eine gute Basis für das weitere Vorgehen.


2. Preisanpassung kalkulieren

Nutzen Sie die Pipette und nicht die Gießkanne

Nichts ist auf den ersten Blick einfacher, als das vollständige Portfolio im Rahmen einer Preisanpassung einheitlich zu erhöhen. Dieses zugegebenermaßen hochpragmatische Vorgehen birgt jedoch das signifikante Risiko die komplette Preisstruktur künstlich zu verreißen.

So preisen sie gegebenenfalls Produkte, die keinem oder nur einem niedrigen Kostendruck unterliegen, durch die einheitliche Erhöhung potenziell aus dem Markt und gefährden somit die entsprechenden Absätze. Auf der anderen Seite werden starke Kostenerhöhungen in besonders betroffenen Produktbereichen nicht kompensiert. Somit ergeben sich keine ausreichenden Margen und die Kunden freuen sich über ein Angebot weit unterhalb des Marktstandards.

Darstellung des Preiserhöhungsmanagements untergliedert in Gießkanne und Pipette.

Unternehmen sollten – je nach Komplexität des Produktportfolios und Geschäftes – Segmente bilden, um Produkte bei einer Preisanpassung marktbasiert anzusteuern. Seien Sie besonders sorgfältig bei Produkten, die sich leicht sourcen lassen, beziehungsweise hohe Absätze haben. Mehr preisliche Flexibilität ist oft bei Randsortimenten und Sonderprodukten gegeben.

Wenn möglich differenzieren Sie Preisanpassungen über Branchen und Regionen. Hierfür ist eine gute Vorarbeit, insbesondere die Analyse von Branchen- und Regionalentwicklungen, notwendig, um eine optimale Entscheidung zu treffen.

Kunden differenzieren – Vertriebsexpertise nutzen

Oft haben Kunden aus der Historie heraus sehr unterschiedliche Preispositionen und Voraussetzungen. Nicht immer ist daher eine volle Umsetzung möglich. Nutzen Sie deshalb die Expertise des Vertriebes, um kundenspezifische Preiserhöhungen zu planen. Setzen Sie Tools ein, um mögliche Preisanpassungen in den Regionen zu differenzieren und lassen Sie hier den Input des Vertriebes aktiv einfließen, denn er kennt die Kunden am besten. Das erhöht nicht nur die Qualität der Planung, sondern auch das Commitment des Vertriebes.

Damit die Preisanpassung im Vertrieb nicht individuell ausgelegt wird, ist es essenziell klare Regeln und Vorgaben zu machen. So muss der Vertrieb keine zeitraubenden Rückfragen einleiten und ist über seine Entscheidungskompetenz informiert.

Information ist alles – Den Vertrieb unterstützen

Nutzen sie Daten, um dem Vertrieb Account-Profile zur Verfügung zu stellen. Geben Sie aktiv wertvolle Informationen weiter, um die Verhandlungen zu unterstützen. So ist es essenziell im Vorfeld einer Verhandlung zu wissen, ob der Kunde in den letzten Jahren gewachsen oder geschrumpft ist. Auch sollte geprüft werden, ob historische Rabattvergaben in Mehrumsätze transformiert werden konnten.

Mit Hilfe solch einer soliden Informationsbasis kann der Außendienst seine wichtigen Kunden analysieren und sich konkrete Ziele für die Preisverhandlung im Hinblick auf Einstiegsangebot, Verhandlungsziel und Minimalziel setzen.


3. Preisanpassung vorbereiten

Wenn einer fällt, dann fallen alle – Den Vertrieb einschwören und Rückhalt bieten

Kommunizieren Sie intern unmissverständlich und eindeutig die Notwendigkeit der Preisanpassung und machen Sie klar, dass das Management hinter dem Vertrieb steht. Häufig ist unklar, in welchen Fällen auf bestimmte Kunden oder Umsatz verzichtet werden kann. Machen Sie dem Vertrieb daher deutlich, ob der Fokus auf Wachstum oder Profitabilität liegt und in welchen Segmenten (unprofitabler) Umsatz gegebenenfalls aufgegeben werden kann. Ziel ist es hierbei nicht, Marktanteil und EBIT auf die Nachkommastelle vorherzusagen, sondern ein klares und verlässliches Signal an die Mannschaft zu senden. Stehen Sie auch bei Eskalationen seitens der Kunden hinter dem Vertrieb und stärken Sie ihm hier den Rücken. Nichts ist gefährlicher als dem Kunden bewusst zu machen, dass er nur höher in der Hierarchie anfragen muss, um einen besseren Preis zu erhalten.

Balance zwischen Incentive-Systemen und Preisanpassungen finden. R&P unterstützt Sie gerne.

Das Incentive-System auf dem Prüfstand – Sind Unternehmensziele und die Vergütung synchronisiert?

Es verhandelt sich schlecht, wenn ein Erfolg für das eigene Unternehmen nicht honoriert wird, beziehungsweise im schlimmsten Fall das eigene Salär schmälert. Vorsicht ist daher geboten bei rein umsatzorientierten Zielsystemen. Diese können Preisanpassungen sabotieren. Der Vertrieb sorgt sich hier deutlich stärker darum, Kunden – inklusive Umsatz – zu verlieren, als die Profitabilität zu erhöhen. Synchronisieren Sie daher unbedingt die Ziele des Unternehmens und des Außendienstes!

Orientieren Sie sich (wenn möglich) an der Preisqualität oder an messbaren Ertragszielen. Richten Sie Ihr Incentive-System nicht allein umsatzbasiert aus. Ihr Vertrieb muss die Preiserhöhung beim Kunden durchzusetzen. Beteiligen Sie das Vertriebsteam daher an der Preisdurchsetzung.
Auch interne Wettbewerbe bieten attraktive Anreize, die Ziele der Preisanpassung zu erreichen.

Verhandlungen und Argumentationen intern vorbereiten

Preisverhandlungen sind für viele Vertriebsmitarbeiter unangenehm. Grade deshalb erfordern sie eine dezidierte Vorbereitung – strauchelt der Vertrieb beim Kundenkontakt, ist die Umsetzung einer Preisanpassung schnell in Gefahr.

Klären Sie daher im Vorfeld typische Rückfragen von Kunden und geben Sie dem Vertrieb nutzbare Argumentationsketten und Tools an die Hand. Mit zentral vorbereiteten Unterlagen und Instrumenten zur Wertargumentation nehmen Sie den Fokus vom Kosten-Narrativ. Es hat sich oft als sehr wertvoll erwiesen dem Kunden darzustellen, welche Anstrengungen gemacht werden, um die gestiegenen Kosten zu senken, zum Beispiel durch Innovationen bei der Produktion. Zudem sollte dem Kunden kommuniziert werden, inwiefern Ihre Lösung ihm hilft seine internen Kosten zu optimieren, beispielsweise durch schnelleren ROI.


Gemeinsam setzen wir Ihre Preiserhöhung erfolgreich durch

Michael Fechner von Roll & Pastuch

Michael Fechner

+49 (0)176 133 27 118
Michael Fechner ist Partner bei Prof. Roll & Pastuch - Management Consultants. Seit über 18 Jahren ist er weltweit als Berater für internationale Großkonzerne und mittelständische Unternehmen tätig. Vor seinem Einstieg bei Roll & Pastuch war er als Projektleiter bei Simon-Kucher & Partners tätig und arbeitete dabei mehrere Jahre in London. Sein Schwerpunkt liegt auf den Bereichen Strategie, Vertrieb und Preismanagement. Herr Fechner publiziert Fachartikel und spricht zu praxisbezogenen Strategie, Pricing- und Vertriebsthemen. Mehr erfahren