Pricing

Baufinanzierung: Mehr Ertrag durch Differenzierung

Die Baufinanzierung erlebt eine Renaissance. Trotz weiterhin hoher Zinsen zieht das Neugeschäft kontinuierlich an.

Viele Banken fahren in der Baufinanzierung aktuell einen Volumenkurs. Insbesondere Plattformgeschäft soll das Neugeschäft stützen. Doch wer nur auf Masse setzt, riskiert Ertragsverluste. Die entscheidende Frage lautet: Wie lassen sich die Erträge in der Baufinanzierung noch weiter ausbauen, ohne Neuvolumen zu riskieren?

Die Antwort liegt in einer strukturierten, dreigleisigen Strategie: Differenzierung, Up- und Cross-Selling und bewusstes Fencing im Plattformgeschäft.

 

Baufinanzierung: Mehr Ertrag durch Differenzierung

 

1. Differenzierung im Bilanzgeschäft: Kein Einheitszins für individuelle Bedürfnisse

Der vielleicht größte Hebel liegt in der Preisdifferenzierung. Viele Institute bepreisen Baufinanzierungen immer noch recht pauschal – von Beleihungsauslauf und Zinsbindung einmal abgesehen.

Was tun? Ein datenbasiertes Peer-Pricing kann helfen, realistische Zielkorridore zu definieren:

  • Clusterbildung entlang relevanter Parameter (z. B. Volumen, Beleihungsauslauf, Bonität)
  • Auswertung von Abschlüssen aus dem eigenen Haus (und ggf. Verbund)
  • Ableitung von Zielzinssätzen, abgestimmt auf Mindestmargen
  • Einbindung in die Preisfindung via Tools oder Guidelines für Berater

Das Ergebnis: Marktkonforme, transparente und risikoadäquate Konditionen – statt intransparenter Spannen oder Verhandlungsspielräume nach Bauchgefühl.
 

2. Up- und Cross-Selling: Mit modularer Logik Mehrertrag realisieren

Neben dem reinen Zinsgeschäft bietet die Baufinanzierung erhebliches Zusatzpotenzial – wenn man systematisch vorgeht. Viele Banken verschenken diese Erträge, weil sie die Zusatzoptionen entweder zu billig abgeben oder im Vertriebsprozess untergehen lassen. Der Lösungsansatz ist die modulare Baufinanzierung:

  • Grundstruktur: klare Trennung zwischen Basisprodukt (Zins + Tilgung) und Zusatzmodulen
  • Up-Selling über optionale Bausteine: Sondertilgung, Tilgungsaussetzung, Tilgungsänderung, bereitstellungszinsfreie Zeit etc.
  • Zusätzlicher Hebel: Cross-Selling angrenzender Produkte wie Versicherungen (Risikoabsicherung, Arbeitslosigkeit, Immobilie etc.) und Bausparen
  • Vertriebsleitfaden: Standardisiertes Argumentationsraster; Schulung der Berater als notwendige Bedingung der Umsetzung

Entscheidend ist, dass Up- und Cross-Selling nicht zufällig, sondern systematisch erfolgen – über klare Prozesse, vordefinierte Triggerpunkte und eine enge Integration in die Baufi-Beratung.

 

Baufinanzierung: Mehr Ertrag durch Differenzierung
 

3. Plattformgeschäft sinnvoll nutzen – aber bewusst abgrenzen (Fencing)

Baufinanzierungsplattformen haben sich als Neugeschäftstreiber etabliert – besonders in Zeiten geringer Kundenfrequenz vor Ort. Doch sie haben einen Preis:

  • Geringere Margen
  • Kein Cross-Selling
  • Risiko der Kannibalisierung bestehender Kundengeschäfte

Plattformgeschäft ja – aber nur mit klarer strategischer Abgrenzung.

Bei der konkreten Umsetzung ist zu beachten:

  • Fencing-Strategie etablieren: Nur Basisprodukte über Plattform, keine komplexen oder modularen Angebote
  • Klarer Angebotsvergleich zwischen Plattform und eigener Filiale/Online-Lösung
  • Monitoring von Bestandskunden: Wer ist bereits auf Plattformen aktiv? Frühzeitig gegensteuern!
  • Vergütungslogik anpassen: Zielanreize auch für Berater, die Kunden aus Plattform-Umfeldern in die eigene Beratung überführen

So bleibt das Plattformgeschäft ein Volumengeschäft – ohne das Bilanzgeschäft zu entwerten oder Zusatzgeschäft zu blockieren.

 

Baufinanzierung: Mehr Ertrag durch Differenzierung
 

Fazit

Die Baufinanzierung ist zurück. Wer sich jetzt strategisch richtig aufstellt, kann von steigenden Volumina profitieren – ohne bei der Marge zu kapitulieren.

Die Erfolgsformel lautet:

  • Differenzieren, um Risiken adäquat zu bepreisen
  • Modularisieren, um Up- und Cross-Selling zu ermöglichen
  • Fencen, um Plattformgeschäft profitabel zu halten

Die Umsetzung ist kein Selbstläufer – sie erfordert Daten, Disziplin und vertriebliche Klarheit. Aber sie lohnt sich: Unsere Erfahrungen zeigen erhebliche Mehrertragspotenziale – bei höherer Kundenbindung und besserer Risikosteuerung.

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Dr. Johann Thieme
Autor

Dr. Johann Thieme

Senior Director

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