Pricing

Preispsychologie: Nullpreise im B2C, D2C & B2B

Kostenlose Produkte sind so attraktiv, dass Endkunden dafür teilweise sogar Mehrkosten in Kauf nehmen – aber woher kommt dieser Effekt?

Es ist keine Seltenheit, dass man sich beim Einkaufen häufiger einmal von kostenlosen Zusätzen überzeugen lässt. Beispiele für diesen Effekt sind zahlreich: Vielleicht bestellt man eine zweite Pizza, nur um eine kostenlose Lieferung zu bekommen, oder man lädt sich eine App runter, nur weil sie kostenlos ist. Eventuell bucht man sogar ein bestimmtes Hotel, nur weil das Frühstück dort umsonst ist. Dahinter steckt ein Konzept der Preispsychologie: Der Zero-Price-Effekt beschreibt die Wirkung von sogenannten Nullpreisen –dem kostenfreien Angebot ausgewählter Produkte oder Dienstleistungen.

Der Kundennutzen des Nullpreises übersteigt die Ersparnis

Tatsächlich ist Null insofern ein besonderer Preis, dass der subjektive Kundennutzen hierdurch weit höher ist als nur der gesparte Preis. Die erste empirische Untersuchung des Effekts geht auf Shampanier, Mazy und Ariely (2007) zurück. In deren Experiment konnten die Teilnehmer optional eine Tafel Hersheys-Schokolade für einen Cent oder Lindt-Schokolade für 14 Cent wählen. Dreimal mehr Teilnehmer wählten Lindt, während der Großteil überhaupt keine Tafel kaufte. Im zweiten Teil wurden die Preise um einen Cent gesenkt, sodass die Hersheys-Tafel nun kostenfrei war. Der Anteil der Hersheys-Käufer verdreifachte sich, obwohl die Preisdifferenz exakt gleichblieb. Der Anteil der Käufer, die gar keine Schokolade wollten, sank um 6%. Es zeigt sich: Der Wert der Null ist höher, als rational erwartet werden sollte.

Preispsychologie: Nullpreise im B2C, D2C & B2B

Abbildung 1: Darstellung des Kundennutzens. Der Wert eines kostenlosen Produktes wächst nicht linear, sondern übersteigt den reinen Nutzen der Geldersparnis. (Quelle: Eigene Darstellung)

Nullpreise können das Kundenverhalten gezielt beeinflussen

Obwohl die Nullpreise im ersten Moment wie ein Verlustgeschäft wirken, bieten sie viele Möglichkeiten, das Kundenverhalten zu steuern und für die Unternehmen einen Mehrwert zu generieren. Die Vorteile, die der Effekt für Händler haben kann, sind dabei sehr divers. Einerseits können die Umsätze indirekt gesteigert werden, indem der Effekt die Kundenbindung und Markenbekanntheit verstärkt. Andererseits können Nullpreise auch den direkten Umsatz steigern, indem sie den Kunden dazu motivieren, mehr zu kaufen – besonders dann, wenn man erst durch den größeren Einkauf das kostenlose Produkt erhält. Der Effekt lässt sich so erklären, dass die Kunden das kostenlose Produkt als „Vorschuss“ wahrnehmen, den sie dem Unternehmen zurückzahlen möchten.

Der Effekt überträgt sich auch auf den D2C- und B2B-Bereich. Beispiele umfassen kostenfreie Schulungen oder Produktdemos, die das Vertrauen und die Geschäftsbeziehung langfristig vertiefen und dabei auf dem Zero-Price-Effekt beruhen. Auch hier nutzt der Zero-Price-Effekt die Tatsache, dass die kostenlose Angebote als attraktiver empfunden werden und hat somit das Potential, durch Kundenbindung und Cross-Selling die Umsätze zu steigern.


Shampanier, Kristina & Mazar, Nina. (2007). Zero as a Special Price: The True Value of Free Products. Marketing Science. 26. 742-757. 10.1287/mksc.1060.0254.

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Oliver Roll von Roll & Pastuch
Autor

Prof. Dr. Oliver Roll

Managing Partner
R&P-Mitarbeiter Joshua Coen
Autor

Joshua Coen

Consultant

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