Pricing

Landesgesellschaften effektiv steuern – mit Gross-to-Net zum Ziel

In vielen internationalen Unternehmen bilden Nettopreise die Grundlage im Pricing. Sie sind einfach umzusetzen, schaffen Klarheit und erleichtern die Vergleichbarkeit. Doch genau hier liegt auch die große Schwachstelle: Unsystematisch festgelegte Nettopreise führen schnell zu massiven Inkonsistenzen – innerhalb von Märkten und vor allem über Landesgrenzen hinweg. Neben der systematischen Herleitung von Nettopreisen über ein Zielpreissystem kann auch ein Gross-to-Net-System eine Lösung bieten, indem Preisniveaus strukturiert von Listenpreisen abgeleitet werden. Das Ergebnis ist eine harmonisierte Preisarchitektur, die Margen stärkt, die lokale Flexibilität bewahrt und Zielkonflikte im internationalen Pricing minimiert.

Herausforderungen im internationalen Pricing

Internationales Pricing bringt besondere Zielkonflikte mit sich, insbesondere zwischen dem Headquarter und den Landesgesellschaften. Diese agieren aufgrund ihrer historischen Entwicklung häufig unabhängig voneinander im Preismanagement. Solange die lokalen Gesellschaften ihre Margen- und Umsatzziele erreichen, werden bestehende Pricing-Prozesse selten hinterfragt und es fehlt an Anstrengungen, übergreifende Pricing-Strukturen zu schaffen.

Diese ungesteuerten Pricing-Ansätze lassen nicht nur Profit-Potenziale liegen, sondern führen auch auf Kundenseite zu Verärgerung. Dies ist insbesondere bei internationalen Kunden mit zentralen Buying Centern sowie Einkaufsverbänden, welche Preise über Landesgrenzen hinweg vergleichen, zu beobachten. Der Trend zu internationalem Einkauf wird durch Konsolidierungen im Markt verstärkt. Große Preisunterschiede sind hier schwer zu erklären, führen zu Nachverhandlungen und Unzufriedenheit und erhöhen den Margendruck.

Neben diesen „externen“ Einwirkungen kann auch das interne Transfer-Pricing zu Ungleichgewichten führen: Entweder kommen die Produkte „zu teuer“ bei den Landesgesellschaften an, was zu hohen Endkundenpreisen und einem Verlust von Absatzmengen führt, oder sie werden zu niedrig bepreist, wodurch Gewinne verschenkt werden.

Ob einfach „nur“ Profit verschenkt oder gar die Kundenbeziehung bedroht ist: Unternehmen reagieren in solchen Situationen oft nur, anstatt proaktiv die internationale Preisstruktur zu steuern.

Wie Gross-to-Net Pricing die Probleme löst

Ein Gross-to-Net-System kann hier als Alternative zu einem Zielpreissystem für Nettopreise ebenfalls Abhilfe schaffen (mehr zum Thema Zielpreissystem finden Sie in unserem Artikel Das Problem mit Nettopreisen und wie sie richtig funktionieren), indem bestehende Preise in eine international abgestimmte Preislogik überführt werden. Ziel dieser internationalen Logik ist keineswegs, Einheitspreise einzuführen – viel mehr ist ein flexibles, aber eben abgestimmtes und effektiv steuerbares Framework das Ziel. Der Prozess lässt sich in drei Schritte unterteilen, um eine strukturierte und nachhaltige Umsetzung sicherzustellen:

Erster Schritt: Nettopreise harmonisieren

Der erste Schritt besteht in der Analyse der internationalen Nettopreise und der Identifikation von Inkonsistenzen in der Preisstruktur. Deutlich zu niedrige Nettopreise sollten dabei direkt angehoben werden, um kurzfristige Profit-Potenziale zu realisieren. Sehr große Abweichungen können dabei auch in einem mehrstufigen Prozess korrigiert werden, um die lokalen Märkte nicht zu überfordern. Wichtig ist es, die größten Fehler in der Preisarchitektur zu beheben und die Nettopreise der verschiedenen Landesgesellschaften langfristig in Einklang zu bringen. Dieses Vorgehen legt den Grundstein für eine einheitliche Preislogik, ohne die lokalen Gesellschaften zu übergehen.

Darstellung der Harmonisierung von Nettopreisen in einem internationalen Unternehmen 

Zweiter Schritt: Gross-Preise harmonisieren

Im zweiten Schritt erfolgt die Harmonisierung der Gross-Preise. Die Listenpreise, die als Absprungbasis im Pricing dienen, werden international abgestimmt, um ein konsistentes und nachvollziehbares Preisgefüge zu schaffen. Ziel ist es, die Preisniveaus zwischen den Regionen zu harmonisieren, ohne notwendigerweise absolute Einheitlichkeit zu schaffen. Vielmehr geht es darum, erklärbare und für Kunden nachvollziehbare Korridore zu definieren.

Darstellung der Harmonisierung von Gross-Preisen im Pricing eines internationalen Unternehmens

 

Dritter Schritt: Gemeinsamen Preiswasserfall einführen

Sobald die Preisniveaus harmonisiert sind und sich innerhalb der definierten Preiskorridore liegen, kann ein internationaler Preiswasserfall eingeführt werden, der eine zentrale Steuerung mit lokalen Anpassungen kombiniert. Ein gemeinsamer Baukasten an Elementen bildet dabei die Grundlage: Einige Elemente, wie Service-Rabatte oder Logistikaufschläge, werden dabei vom Headquarter festgelegt und gelten international. Andere Elemente können die einzelnen Landesgesellschaften individuell auswählen und in ihrer Höhe variieren, um die lokalen Marktbedürfnisse bestmöglich zu bedienen.

So wird die notwendige Flexibilität sichergestellt: Während in Portugal beispielsweise der reine Umsatz eine entscheidende Rolle spielt und höhere Rabatte gewährt werden, könnte in Dänemark die Sortimentsbreite der stärkste Treiber sein. Auf diese Weise können die Landesgesellschaften gezielt in die Faktoren investieren, welche in ihrem Markt etabliert sind und den größten Erfolg versprechen – ohne die übergeordnete Preislogik zu verletzen.

Darstellung eines Preiswasserfalls, der eine zentrale Pricing-Steuerung mit lokalen Anpassungsmöglichkeiten kombiniert

 

Vorteile der Gross-to-Net-Systematik

Die Einführung eines Gross-to-Net-Systems bietet international agierenden Unternehmen eine Vielzahl von Vorteilen, die sowohl interne Transparenz als auch Profitabilität fördern. Eine der zentralen Stärken liegt in der harmonisierten Preisstruktur: Internationale Preisvergleiche werden nachvollziehbar, ohne die notwendige lokale Differenzierung aufzugeben. Gleichzeitig führt die schrittweise Harmonisierung dazu, dass ungenutzte Margenpotenziale gehoben und konsistente Preisniveaus geschaffen werden, was zu einer nachhaltigen Steigerung der Profitabilität beiträgt.

Ein weiterer Vorteil ist die Reduktion von Zielkonflikten zwischen dem Headquarter und den Landesgesellschaften. Während klare Vorgaben durch die Zentrale bestehen, behalten die lokalen Gesellschaften die notwendige Flexibilität, um ihre Märkte effizient zu bedienen und gezielt auf deren spezifische Anforderungen einzugehen.

Auch die Kundenkommunikation verbessert sich deutlich: Internationale Preisunterschiede lassen sich transparent erklären, wodurch Verhandlungen weg von reinen Preisdiskussionen hin zu wertorientierten Kriterien verlagert werden. Dies schafft Klarheit für beide Seiten und stärkt die Kundenbeziehungen.

Schließlich sorgt die optimierte Steuerung durch das Headquarter für einen besseren Überblick über die globale Preisentwicklung. Durch klare Governance-Strukturen gelingt es, lokale und globale Ziele miteinander in Einklang zu bringen und die internationale Preisstrategie systematisches zu steuern.

Fazit: Harmonisierung ohne Einbußen bei der Flexibilität

Ein Gross-to-Net-System schafft eine international harmonisierte Preislogik, die Margenpotenziale hebt und Transparenz schafft. Gleichzeitig wird die Flexibilität für lokale Anpassungen beibehalten, um auf die spezifischen Bedürfnisse der Märkte eingehen zu können.

Durch einen klar definierten Rahmen für Brutto- und Nettopreise sowie ein flexibles Konditionensystem lassen sich internationale Zielkonflikte zwischen dem Headquarter und den Landesgesellschaften lösen.

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Kai Pastuch von Roll & Pastuch
Autor

Kai Pastuch

Managing Partner
R&P-Mitarbeiter Tim Güth
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Tim Güth

Project Manager
Simon Wiedemann
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Simon Wiedemann

Senior Consultant

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